Familiengericht kann Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils anordnen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich erstmals umfassend mit dem Thema Wechselmodell beschäftigt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die hälftige Betreuung eines Kindes von jeweils einem Elternteil von den Gerichten auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann, wenn es dem Kindeswohl entspricht (BGH XII ZB 601/15). Damit wird dem „Veto-Recht“ eines Elternteils eine klare Absage erteilt, weil sonst „der Elternwille ohne Rücksicht auf die zugrundeliegende jeweilige Motivation des Elternteils in sachwidriger Weise über das Kindeswohl gestellt“ würde.
Bisher konnte sich ein Elternteil erfolgreich gegen die Anordnung der paritätischen Betreuung wehren, weil die Rechtsprechung der Auffassung war, dass eine abwechselnde hälftige Betreuung nur in gegenseitigem Einvernehmen der Eltern dem Kindeswohl dient. Soweit sich also ein Elternteil damit nicht einverstanden erklärt hat, blieb es grundsätzlich beim Residenzmodell, d.h. das Kind hatte seinen Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil und Umgang mit dem anderen Elternteil.
Mit der Entscheidung des BGH werden künftig mehr Elternteile die Möglichkeit haben, nicht nur Wochenend-Mama/Papa zu sein sondern auch den regelmäßigen Alltag ihrer Kinder trotz Trennung vom anderen Elternteil zu erleben und dies auch gerichtlich durchzusetzen, wenn eine einvernehmliche Vereinbarung scheitert.
Voraussetzung ist, dass das Wechselmodell im konkreten Fall auch dem Kindeswohl dient und durch die Anordnung für das Kind keine zusätzlichen Konflikte entstehen, z.B. wenn Eltern nicht in der Lage sind, in Bezug auf das Kind mit einander zu kommunizieren und zu kooperieren.
Um ein Wechselmodell erfolgreich zu praktizieren, müssen die beiden Haushalte möglichst nah bei einander liegen, Schule und Freizeitaktivitäten sollten von beiden Haushalten für das Kind erreichbar sein, um die Kontinuität und das soziale Umfeld für das Kind zu erhalten.