Das Landgericht München hat mit Urteil vom 22. September 2020 (AZ: 3 O 4495/20) eine Mietzahlungsklage des Eigentümers zugunsten eines Gewerbemieters weitgehend abgewiesen. In dem Mietvertrag aus 2017 für eine ca. 3000 m² große Einheit war ausdrücklich vereinbart, dass die Vermietung zum Zwecke des Einzelhandels mit Möbeln etc. erfolgt. Durch Allgemeinverfügung zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie wurde dem Mieter die Öffnung der Ladenfläche für knapp 6 Wochen im Verlaufe der 1. Welle (März/April 2020) vollständig untersagt und sodann für weitere 2 Wochen nur auf einer Fläche von 800 m² erlaubt. Nach dieser Zeit musste der Gewerbemieter das Abstands- und Hygienekonzept einhalten und durfte pro 20 qm Verkaufsfläche höchstens einen Kunden in den Laden lassen.
Das LG München hat in seinem Urteil ausführlich die frühere Rechtsprechung insbesondere des Reichsgerichts im Ersten Weltkrieg dargestellt. Nach Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Polizeistunde vorverlegt. Nachtlokale, Tanzvergnügen und Weinstuben mussten geschlossen werden. Das Reichsgericht sah darin einen Fehler bzw. Mangel der Mietsache, insbesondere wenn der entsprechende Mietzweck ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart war. Nach Einschätzung des Landgerichts mehren sich auch in der jetzt aufkommenden Literatur diejenigen Stimmen, die das Minderungsrecht zur Lösung von coronabedingten Konflikten von Mietparteien heranziehen. Mit dieser Begründung kommt das Landgericht zu einer Herabsetzung des Mietpreises proportional zur Tauglichkeitsminderung. Für die Entscheidung hat das Gericht Monat für Monat ermittelt, zu welchem Prozentsatz ungefähr der vertraglich vereinbarte Mietzweck durch die jeweilige Maßnahme eingeschränkt war. In den 6 Wochen, in denen die Öffnung der Ladenfläche vollständig untersagt war, hält das Landgericht ein Minderungsrecht in Höhe von 80 % der vertraglich vereinbarten Miete für angemessen. Eine 100-prozentige Mietminderung wurde deshalb nicht zugestanden, weil die Räumlichkeiten „im Prinzip für Mitarbeiter, die Aufrechterhaltung der Verwaltung oder Inventararbeiten, gegebenenfalls für einen Versandhandel“ hätten genutzt werden können.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Für die Beteiligten an einem Gewerbemietvertrag wird so etwas wie Rechtssicherheit wohl erst eintreten, wenn der BGH über die derzeit geltende Rechtslage entschieden hat.