Vom 7. bis zum 9. Oktober 2024 fanden in Hanoi die Deutsch-vietnamesischen Rechtstage an der Hanoi Law University (HLU) unter organisatorischer Beteiligung der Friedrich-Ebert-Stiftung statt. Thema der diesjährigen Konferenz waren zum einen das Jugendstrafrecht und zum anderen das Raumordnungsrecht und die Bauleitplanung.

Von deutscher Seite nahmen daran teil Professor Dr. Roland Fritz (Rechtsanwalt und zertifizierter Mediator, Gesellschafter des Mediationsunternehmens adribo, Gerichtspräsident a.D.), Frau Lilly Fritz (zertifizierte Mediatorin, Gesellschafterin des Mediationsunternehmens adribo, Gerichtspräsidentin a.D.) und Dr. Dietrich Pielsticker (Rechtsanwalt, Notar a.D. und zertifizierter Mediator, Gesellschafter des Mediationsunternehmens adribo). Die vietnamesische Seite wurde von Professorinnen und Professoren der HLU, aber auch von Praktikern, wie Architekten, Stadtplanern etc. vertreten.

An den drei Tagen kam es zu einem regen Austausch zwischen den Teilnehmern, bei dem die deutsche Seite die Bedeutung und den Erfolg des Verfahrens über den Täter–Opfer–Ausgleich im Bereich des Jugendstrafrechts ausführlich dargestellt hat. Dies stieß bei den vietnamesischen Kolleginnen und Kollegen auf großes Interesse.

Zwei Tage widmete sich die Konferenz an der HLU ausführlich dem Themenkreis Raumordnungsrecht und Städteplanung mit besonderem Fokus auf die Bauleitplanung (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan). Hier stellten die Teilnehmer von der deutschen und der vietnamesischen Seite die jeweiligen Verfahren aus gesetzlicher, aber insbesondere auch aus verfahrensrechtlicher bzw. praktischer Sicht da. Dabei spielte eine ganz wesentliche Rolle, hier insbesondere aus deutscher Sicht, die im Baugesetzbuch vorgesehene frühe Bürgerbeteiligung und selbstverständlich auch der gesetzlich geregelte Rechtsschutz der Beteiligten. Hier konnte im einzelnen auf folgendes hingewiesen werden:

Die „frühe Bürgerbeteiligung“ bei der Erstellung von Bauleitplänen ist ein wichtiger Schritt im Bauplanungsverfahren, um die Interessen und Anliegen der Bürger frühzeitig in die Planung von Bauvorhaben einzubeziehen. Sie ist im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt und hat das Ziel, die Öffentlichkeit möglichst frühzeitig in den Planungsprozess einzubeziehen, bevor konkrete Entscheidungen getroffen werden. Hier sind die wesentlichen Aspekte:

1. Transparenz schaffen: Bürger sollen über Planungsabsichten informiert werden und Einblick in die geplanten Maßnahmen erhalten.

2. Bedenken und Anregungen einholen: Die Beteiligung bietet den Bürgern die Möglichkeit, Bedenken, Kritik oder eigene Vorschläge vorzubringen. Das hilft, mögliche Konflikte zu erkennen und alternative Lösungen zu finden.

3. Akzeptanz fördern: Wenn Bürger frühzeitig involviert werden und ihre Meinungen berücksichtigt werden, kann das die Akzeptanz für das Projekt erhöhen und spätere Widerstände verringern.

Umgesetzt wird dies in der Regel durch:

Informationsveranstaltungen: Oft werden Versammlungen oder Veranstaltungen durchgeführt, bei denen die Planungsvorhaben vorgestellt und erläutert werden. Hier können Bürger direkt Fragen stellen und Anmerkungen äußern.

Möglichkeit zur Stellungnahme: Die Bürger haben die Gelegenheit, in einem bestimmten Zeitraum schriftliche oder mündliche Stellungnahmen abzugeben, die dann in die weiteren Planungen einfließen können.

Bürgerbeteiligungsverfahren: Diese im Gesetz nicht geregelten Verfahren werden von Kommunen immer häufiger angewandt, um bereits vor Erlass von Flächennutzungsplan oder Bebauungsplan Bürgermeinungen einzuholen, Konflikte zu lösen etc. Dadurch soll dann das eigentliche Verfahren beschleunigt werden. Hierbei werden auch verstärkt besonders ausgebildete Dritte, Mediatoren oder Moderatoren für die Verfahrensgestaltung und die Verfahrensdurchführung herangezogen.

Die frühe Bürgerbeteiligung ist damit ein bedeutendes Instrument der Mitwirkung und soll sicherstellen, dass Bürgerinteressen frühzeitig in die Planungen integriert werden.

Die Deutsch-vietnamesischen Rechtstagen boten einen guten Rahmen, sich über den unterschiedlichen Stand der Berücksichtigung der Bürgerinteressen und deren Einbeziehung in das Planungsverfahren auszutauschen und voneinander zu lernen.